Montag, 22. Dezember 2014

Ode an eine Symphonie

Ich hatte nie eine Playstation 1 und obwohl ich mich sehr für Retrospiele interessiere, reizen mich die meisten Titel aus der Zeit dieser Konsole nicht die Bohne. Dies liegt vor allem daran, dass sie als erste „richtige“ 3D-Konsole gehandelt wurde und dass diese ersten 3D-Spiele sicherlich oft beachtlich und wichtig waren, aber allesamt extrem schlecht gealtert sind. So habe ich kein Interesse an den ersten Ridge Racers oder Destruction Derbys. Zu langsame Bildraten, zu flächige Polygone, zu krümelige Kanten. Nein danke. Mein Interesse gilt da eher den gezeichneten 2D-Titeln aus der 16Bit-Ära, die auch heutzutage noch verdammt gut aussehen. Nun gibt es aber auch (mindestens) ein absolut wunderbares 2D-Spiel mit wunderschöner gezeichneter Grafik auf Sonys damaligem 3D-Powerhouse. Und da es zudem auch noch Teil einer absoluten Lieblingsspielereihen ist, habe ich es, nur 17 Jahre zu spät, nachgeholt. Dafür war gar keine alte Playstation nötig, sondern nur 10 € und eine Xbox 360. Und schon war ich drin, in Draculas Schloss und im Spiel „Castlevania: Symphony of the Night“.


Die 360-Version verfügt über einen geschmackvollen Rahmen um das ursprüngliche 4:3-Bild
Ich kenne „Castlevania: Dawn of Sorrow“ vom Nintendo DS, insofern war ich der Formel, die sich heutzutage „Metroidvania“ schimpft nicht fremd. „Symphony of the Night“ (im Folgenden nur noch SOTN) ist aber der Grund für den „vania“-Teil in dem Begriff. Generell werden so Spiele umschrieben, in denen sich der Spieler in einem großen Labyrinth befindet, das er nach und nach freischaltet. So werden immer mehr Abschnitte und Gänge zugänglich, indem er sich bestimmte Schlüssel oder Fähigkeiten erspielt. Und SOTN ist die Blaupause dieses „Genres“ (wenn man es denn als eigenes Genre betrachten möchte). 

Gestartet in das Spiel bin ich also mit einem durchaus ausgewachsenem Interesse und dem Wissen einen Klassiker nachzuholen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das Spiel beginnt außergewöhnlich, nämlich mit dem Ende des direkten PC-Engine-Vorgängers „Rondo of Blood“ (eine abgeänderte / abgespeckte Version erschien 1995 auf dem SNES unter dem Namen „Vampire’s Kiss“). Was man bei Filmen manchmal zu Beginn einer Fortsetzung serviert bekommt (sorry für das etwas nischige Beispiel, aber mir fällt da als erstes der Beginn von „Halloween 2“ ein), ist für Spiele ein ungewöhnlicher Einstieg, aber umso genialer. Man wird ins Geschehen geworfen mit einem vollends ausgestatteten Charakter, muß direkt einen Endkampf mit dem Oberbösewicht der Reihe mitmachen, um danach mit einem anderen Charakter wieder bei Null anzufangen. 

Und dann geht es los. Ein schier endloses Schloss, das es zu erkunden gilt, erwartet den Spieler. Angenehm gotisches Ambiente, wunderbar klischeehafte Gegner und ein begnadeter Soundtrack von Michiru Yamane ziehen mich sofort in den Bann. Ich spiele keinen Belmont, sondern Alucard, ich vermisse meine Peitsche aus den „klassischen“ Spielen, aber nicht lange. Nach und nach schalte ich Fähigkeiten, Waffen und neue Gänge im Schloss frei und ehe ich es mich versehe, ist aus dem Vorsatz einen Spieleklassiker nachholen zu wollen echte, ehrliche und glühende Faszination geworden, die ich nur selten bei einem Retrospiel empfinde. SOTN hält mich bei der Stange. Es ist wunderbar spielbar, hat einen perfekt ausbalancierten Schwierigkeitsgrad, bzw. durch die nicht lineare Spielweise merke ich an den Gegnern, wenn ich in ein Gebiet vorgedrungen bin, das ich besser erst später besuchen sollte. Dazu ist das Spiel relativ kryptisch, aber niemals unverständlich. Also meilenweit entfernt von „Simon’s Quest“, dem zweiten Teil auf dem NES, das ich damals auch hatte, aber nie wirklich weit gekommen bin (jetzt, zu Zeiten des Internets kann man auch gut sehen, dass es eigentlich unmöglich ist, dieses Spiel ohne Komplettlösung durchzuspielen). Nein, hier ist alles nachvollziehbar, aber man hat dennoch das Gefühl wirklich noch Geheimnisse aufzudecken. 

Es gibt viel zu entdecken, aber eben auch viel zu verpassen. Ich freue mich über jedes Item, über jeden neuen Gang im Schloss. Ich bin regelrecht angefixt. So ganz unvorbereitet bin ich nicht, ich weiß, dass man mit dem richtigen Item ausgerüstet beim „Bosskampf“ nicht das „vorzeitige Ende“ sieht, sondern das GESAMTE SCHLOSS nochmals durchkämpfen kann und zwar auf dem Kopf. So wird die Spielzeit mal eben nahezu verdoppelt. Und ich genieße jede Minute davon. 


Durchgespielt! 
Ich weiß, was ich hier schreibe ist für viele ein alter Hut, nicht umsonst ist SOTN ein solcher Klassiker. Was mich erstaunt hat, WIE SEHR es mich 17 Jahre nach Erscheinen noch gefesselt hat. Ich habe dieses Jahr schon ein paar Spiele gespielt, ein paar länger als andere, ein paar Spiele habe ich durchgespielt, wieder andere nicht. Aber SOTN war vielleicht das Spiel, an dem ich dieses Jahr am meisten Spaß hatte, abseits von jeder Retrobrille. Und das hat mich dann auch selbst erstaunt. Ich kenne nicht sooo viele Menschen, die das Spiel noch nie gespielt haben, aber falls da noch Jemanden gibt, dem spreche ich meine ausführliche Empfehlung aus (Robert, damit bist ausdrücklich auch du gemeint!). 

Zusammen mit meinem Wunsch, dass Konami mal wieder so ein Spiel in der Reihe raushaut. Ob das jetzt exklusiv für Nintendos Wii U passiert oder nicht, wäre dabei erst mal zweitrangig. Fest steht, dass das Franchise neue Impulse braucht, dass es nicht mit den „westlichen“ God of War-Abklatschen der „Lords of Shadow“-Reihe enden kann und sollte. Lords of Shadow werde ich mir der Neugier und Fairness halber auch demnächst mal genauer anschauen. Ein neues 2D-Castlevania würde mich aber 100 Mal mehr reizen.